Wie gerne erinnere ich mich gerade jetzt in der dunklen, ruhigeren Jahreszeit an meine frühe Kindheit zurück. Jetzt wo der Abend- und Morgenhimmel wieder in einem wunderschönen, phantastischem Spektrum von Rot-und Orangetönen leuchtet, erinnere ich mich an meine Großmutter, die mir früher erzählte, das kräftige Leuchten läge daran, dass die Engel nun den Backofen für die Weihnachtsbäckerei anheizen würden, denn auch im Himmel würden nun Lebkuchen gebacken. So war es die Zeit, als auch im irdischen Dasein allmählich der Duft von Zimt, Nelken, Anis, Vanille, Schokolade und frisch gebackenen Plätzchen durch´s Haus zog. Ich konnte es kaum erwarten bis es mit dem Backen losging und ich mit großer Freude und Begeisterung dabei helfen durfte. So mancher Teigkrümel und nicht wenige Nüsse, Mandeln und Rosinen verschwanden dabei ganz heimlich in meinem Naschmäulchen. Das Abschlecken sämtlicher Rührgerätschaften und Schüsseln war ein Highlight. Und manch ein Zucker- oder Schokoladenguss, den ich eigentlich mit einem Backpinsel auf den Keksen verteilen sollte, landete auf meinem Finger und musste dann unbedingt genussvoll abgeleckt werden ☺ Auch war es die Zeit der Geschichten und Märchen, denn die Abende oder Nachmittage verbrachte ich nicht vor dem Fernseher, geschweige denn vor einem Tablet oder sonstigen für Kinder der heutigen Zeit üblichen elektronischen Unterhaltungs- und Beschäftigungsmedien. Diese gab es in meiner Kinderzeit nämlich noch nicht. 

Dafür gab es meine Oma, die bei uns im Haus lebte und die mir oft, während sie z.B. bügelte oder Wäsche zusammenlegte, Geschichten erzählte. Geschichten aus ihrer Heimat, aus ihrem ereignisreichen Leben und manchmal, wenn sie mit der Arbeit fertig war, durfte ich mich auf ihren Schoß setzen und sie las mir aus einem dicken, alten, schon abgegriffenen Märchenbuch vor. 

Ich liebte diese Geschichten von Hänsel und Gretel, von Brüderchen und Schwesterchen, Rapunzel, Frau Holle, Aschenputtel, Dornröschen, dem gestiefelten Kater und viele mehr. Es war wunderbar, sich die beschriebenen Figuren und Szenen auszumalen. Es blieb mir auch gar nichts anderes übrig, denn das Buch war sehr spärlich und nur schwarz-weiß bebildert. Mein Schaden sollte es aber nicht sein, denn meine noch heute blühende Phantasie wurde daher und durch die ausführliche und bildhafte Beschreibung reichlich inspiriert. Es war herrlich, mich zuweilen auch etwas zu gruseln, zu ängstigen, mit den Figuren mitzufühlen, zu bangen, zu hoffen, die Spannung zu fühlen aber letztlich auch zu wissen, dass es Helfer in der Not, Gerechtigkeit, Wunder, Rettung, und ein glückliches Ende geben würde. 

Immer wieder wollte ich die gleichen Geschichten hören, obwohl ich das Ende schon kannte. Noch heute liebe ich diese alten Märchen. Ich bin mir sicher, dass sie sowohl meine Phantasie beflügelt, als auch zu meiner Resilienz beigetragen haben.

Heute aber sind Märchen umstritten. Einige wenige werden noch in aufwendigen Disneyproduktionen oder sprachlich reduziert, dafür aber reich bebildert in Büchern aufgelegt. Doch das Vorlesen von Märchen wird von den oft hektischen Zeichentricksendungen und sonstigen elektronischen Medien, die Kinder heutzutage nutzen, zunehmend verdrängt und damit verschwindet auch die wertvolle gemeinsame Zeit in gemütlicher Atmosphäre, die man beim Vorlesen mit den Kindern verbringen kann.

Doch nicht nur dieses Beisammensein ist wertvoll, auch gibt es gute Gründe, die dafür sprechen, dass Märchen förderlich für die Entwicklung von Kindern sind. 

So erklärt Prof. Dr. Gerald Hüther, Neurobiologe und Hirnforscher „Märchen sind Doping für Kinderhirne“. Was ich aus eigener, oben beschriebener Erfahrung nur bestätigen kann.

Wer gern den Fragen nachgehen möchte,

     

      • ob Märchen grausam sind, 

      • ob wir sie brauchen oder nicht,

    findet Inspirationen und Antworten in dem nachfolgenden Interview mit Herrn Gerald Hüther.

    Er erläutert in dem Interview u.a., was Märchen bei Kindern bewirken können. Beispielsweise

       

        • Vertrauen in die eigenen Kompetenzen (Ressourcen)

        • Vertrauen, jemanden zu finden, der einem in der Not hilft (Unterstützung)

        • Vertrauen, dass es wieder gut wird …

      Eine wichtige Frage wird ebenfalls gestellt/beleuchtet: 

      Was hilft einem Kind, damit es sich selber mag? Z.B. „das Schlüpfen in eine Heldenrolle“…

      Übrigens geht es „am Rande“ auch noch um unser Schulsystem, die Weltlage, Frieden stiften und natürlich um die Sinnsuche (um Ängste und Verhalten).

      Außerdem geht Herr Hüther auf das Thema Leere ein und erklärt, was aus seiner Sicht mögliche Ursachen dafür sein könnten.

      Daher empfehle ich und wünsche viel Spaß und Inspiration bei diesem Interview:

      Gerald Hüther – brauchen Kinder Märchen? Ein Gespräch mit Silke Fischer – YouTube